Heiligenleite, Heiligenwiesen und Geiershügel bei Gemünda

Lebensraumvielfalt von ganz feucht bis ganz trocken

Ein ganz besonders interessantes Stück Natur und in dieser Kombination einzigartig im Landkreis stellen die LBV-Eigentumsflächen in der Nähe des Seßlacher Stadtteils Gemünda dar. Hier grenzt ein nasser Wiesengrund vom Charakter einer Silgen-Wiesenknopfwiese im Tal der Rodach an einen steilen Hang mit kleinräumigen Streuobstwiesen. So leben hier Pflanzen und Tiere, die ganz unterschiedliche Anforderungen an ihren Lebensraum stellen, auf engsten Raum zusammen.

Relikt abwechslungreicher Kulturlandschaft im Coburger Land: Die Heiligenleite
Relikt abwechslungreicher Kulturlandschaft im Coburger Land: Die Heiligenleite

Am Südosthang der Heiligenleite stehen kleinere Streuobstwiesen, die schon einige Zeit nicht mehr intensiv bewirtschaftet werden. Sicher trug das steile, schwierig zu bearbeitende Gelände dazu bei, dass die Flächennutzung schon vor längerer Zeit aufgegeben wurde. Sehr wertvoll erweist sich daher das kleinräumige Mosaik aus alten Obstbäumen, Hecken und Wiesenflächen für die Artenvielfalt, die sich unbeeinträchtigt durch Düngung und Pflanzenschutzmaßnahmen hervorragend entwickeln konnte.

 

Zu den besonderen Raritäten zählen der weiß blühende Doldige Milchstern, der Fransenenzian und das Bayerische Leinblatt. Im Wiesengrund findet man den Großen Wiesenknopf. Der Pflanze folgen Nahrungsspezialisten wie der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling, der für seine Fortpflanzung auf die Blütenköpfe des Wiesenknopfes angewiesen ist und auf spezielle Wiesenameisen der Gattung Myrmica. Am Trockenhang finden Magerrasen-Perlmutterfalter und Beißschrecke geeigneten Lebensraum. Die Vogelwelt hat mit Rebhuhn, Klapper- und Dorngrasmücke, Nachtigall, Pirol, Rotmilan im Hangbereich und Schlagschwirl, Teichrohrsänger, Braun- und Blaukehlchen im Flusstal ebenfalls einiges zu bieten.

Die LBV-Grundstücke liegen im Kerngebiet des vom Bundesamt für Naturschutz geförderten Naturschutzgroßprojektes „Grünes Band“ und des bayerischen ABSP-Projektes  „Rodachtalachse.“ Sie sind Teil des Naturschutzgebietes (NSG) „Heiligenwiesen und Heiligenleite“ das gleichzeitig auch als FFH- und EU- Vogelschutzgebiet gemeldet ist.

 

Seit 2004 bemüht sich die LBV-Kreisgruppe Coburg, das Naturschutzgebiet durch Ankäufe und Pflegemaßnahmen zu optimieren und abzurunden. Im Wiesengrund konnten z.B. durch einen Landtausch mit 17 beteiligten Parteien 2,75 Hektar dazugewonnen werden. Im Jahr 2012 wurden im Hangbereich weitere 0,5 Hektar zum Lückenschluss zwischen vorhandenen LBV- Flächen neu erworben. Wegen der naturschutzfachlichen Bedeutung wurde der Ankauf vom Bayerischen Naturschutzfonds mit 85 Prozent bezuschusst. So klein diese Areale auch sind, so wichtig sind sie für die Artenvielfalt des Naturraumes!

2,75 Hektar Feuchtwiese im Tal der Rodach unweit der Gehegsmühle können nun nach naturschutzfachlichen Vorgaben bewirtschaftet werden. Das bedeutet beispielsweise einen zeitversetzten Schnitt der Wiesen, um stets sowohl offene Flächen zur Nahrungsaufnahme als auch ungestörte Brutbereiche vorzuhalten. Ein relativ später Schnittzeitpunkt ermöglicht Wiesenbrütern wie dem Braunkehlchen ein ausreichendes Zeitfenster für ihre Brut. Sumpfpflanzen kommen zum Blühen und Aussamen und sind so die Nahrungs- und Entwicklungsgrundlage für spezialisierte Insektenarten und Vögel. Häufige Überschwemmungsphasen im Frühjahr kommen der Entwicklung von Arten wie der Sumpfschrecke und vielen typischen Feuchtwiesenpflanzen wie Sumpfsegge oder Mädesüß zu Gute.

Durch den Lückenschluss von der Talwiese zum Hangbereich der Heiligenleite konnte ein Weideverbund geschaffen werden: Ein Teil der Flächen wird als extensive Heuwiese gestaffelt gemäht, ein anderer Teil der Flächen, vor allem die Hangbereiche, wird ein- bis zweimal pro Jahr von einer Herde Coburger Fuchsschafe gepflegt.


Die Hecken und Raine bieten außerdem weiteren Vogelarten wie Baumfalken, Wespenbussard, Wendehals und Neuntöter geeigneten Lebensraum. Auch der Bluthänfling brütet hier, der im angrenzenden Wiesengrund Distel- und Grassamen als Nahrung findet.

Eine große Besonderheit von bundesweiter Bedeutung ist das dauerhafte Vorkommen der Mohnbiene (Osmia papaveri). Viele Wildbienenarten, Schmetterlinge, Rebhuhn und Feldhase leben im Bereich dieser steinigen und blütenreichen Hänge in Kontakt zu brach liegenden Ackerstreifen, auf denen Kornblume und Klatschmohn neben vielen weiteren Ackerwildkräutern gedeihen. Die Stadt Seßlach hat weitere Flächen in das Schutzkonzept für die Mohnbiene mit eingebracht und der langjährige ehemalige Bürgermeister Hendrik Dressel pflegt als Grundstücksnachbar sogar persönlich die  Ackerbrachestreifen!