Wie pflegebedürftig sind unsere Streuobstbestände?

Das Ziel bei dem 2021 vom Bayerischen Naturschutzfonds über Erträge der GlücksSpirale geförderten Streuobstprojekt war es, möglichst alle Streuobstbestände im Coburger Land im Außenbereich zu erfassen und ihren Zustand zu bewerten. Denn wenn wir wissen, wo sich pflegebedürfte Obstbaumvorkommen befinden, können wir eine Handlungsgrundlage erstellen und an diverse Akteure weitergeben (Kommunen, Landschaftspflegeverband, Naturschutzbehörde usw.), damit diese entsprechende Maßnahmen einleiten können. 

Erfassung aller Streuobstbestände des Landkreises Coburg – eine Mammutaufgabe

Foto: Bernd Leuthäusser
Foto: Bernd Leuthäusser

Tatsächlich war sehr schnell klar, dass eine flächendeckende Erfassung nicht durch die Geschäftsstelle allein zu bewältigen war. So haben wir kurzerhand das Projekt umgestellt und ein „Mitmach-Projekt“ unter Beteiligung möglichst vieler ehrenamtlicher Mitwirkender auf die Beine gestellt. Damit haben wir Neuland betreten, denn dies war das erste Bürgermitmachprojekt für unsere Kreisgruppe.

 

Über unsere internen und externen LBV-Kanäle, darunter die Presse und die Sozialen Medien wie Instagram, wurde zur Mitarbeit aufgerufen. Die Resonanz hatte uns selbst überrascht. Sie war so groß, dass wir nach etwa 70 Anmeldungen eine Grenze ziehen mussten.

Die Schulung musste aufgrund der Corona-Pandemie Online stattfinden, wobei die Bewertungskriterien anhand einer sehr ausführlichen Präsentation erläutert wurden.

 

Zur Erfassung des Zustandes der Streuobstbestände diente uns als Vorlage für unsere Kartierbögen der Erfassungsbogen aus dem bereits angelaufenen BayernNetzNatur-Projekt „Streuobstwiesen“ im Landkreis Bayreuth (Projektträger LBV-BGS Bayreuth, LPV Weidenberg und Umgebung e.V., LPV Fränkische Schweiz e.V.), welcher uns dankenswerterweise zur Verfügung gestellt wurde. Er musste nur noch geringfügig auf unsere Verhältnisse angepasst werden.

 

Am Ende haben wir so mithilfe von insgesamt 51 fleißigen Helfern die Streuobstbestände in 154 Gemarkungen der 18 Städte und Gemeinden im Coburger Land erhoben und diese anhand des Fragebogens bewertet.


Ergebnis - unsere Streuobstbestände brauchen Hilfe!

Es wurden insgesamt 1.832 Flurstücke mit 23.632 Obstbäumen erfasst.

 

In rund 46 Prozent der Fälle wurde der Pflegezustand bislang als schlecht beurteilt. Lediglich 11 Prozent erhielten das Prädikat „sehr gut“. Dies unterstreicht die Notwendigkeit, dass unsere Streuobstbestände im Landkreis dringend Pflegemaßnahmen benötigen.

 

Des Weiteren wurde festgestellt, dass auf 1223 Flächen mangelnde oder keine Baumpflege stattgefunden hat. Auf 634 Flächen gab es außerdem auch keine Untergrundpflege. Vermutlich wird ein Großteil dieser Flächen schon länger nicht mehr bewirtschaftet. Auf 236 Flächen sind Bestandslücken aufgetreten. 

 

Die Mistel als großes Problem insbesondere im Westen des Landkreises

Der Schwerpunkt der Mistelproblematik liegt im westlichen Teil des Landkreises, insbesondere in der Gemeinde Bad Rodach. Allein hier befinden sich 60% der befallenen Streuobstbestände und 57% der befallenen Obstbäume bezogen auf die komplette Kartierkulisse. Besonders betroffen sind die Gemarkungen Bad Rodach, Elsa und Heldritt mit mehr als 10 Streuobstflächen mit Mistelbefall. 


Wie geht es nun weiter?

Mit diesem Streuobstprojekt liegt nun für das Coburger Land eine umfangreiche Handlungsgrundlage für die Umsetzung des Streuobstpaktes auf lokaler Ebene vor. An dieser können sich nun Akteure wie die Kommunen oder der Landschaftspflegeverband Coburger Land e.V. orientieren.

Zusätzlich gibt es nun konkrete Zahlen zum Ist-Zustand der Streuobstvorkommen und das sogar zeitgleich mit dem Start des Streuobstpaktes. Denn zuvor konnte man höchstens grob schätzen, wie viele Obstbäume in welchen Sorten und Altersstadien in welchen Gebieten des Coburger Landes vorkommen.

 

Dieses Erfassungsprojekt bildet somit zusätzlich eine ideale Evaluierungsbasis für Erfolgskontrollen zum Stand der Umsetzung des Streuobstpaktes, welche spätestens im Jahr 2035, bestenfalls auch bereits zur Halbzeit des Paktversprechens, durchgeführt werden sollten. Es geht dabei nicht nur um den Erhalt des jetzigen Bestandes, sondern um eine deutliche Aufstockung. Legt man die Bestandsschätzung von 6 Millionen Streuobstbäumen in ganz Bayern zugrunde,  welcher als Zielvorgabe um eine Million durch Neupflanzungen aufgestockt werden soll, so müssten im Coburger Land umgerechnet wenigstens 3.700 neue Obstbäume in den kommenden 13 Jahren gepflanzt werden.


Wenn Sie mehr über das Projekt erfahren möchten, dann können Sie sich hier den Endbericht zur Streuobsterfassung herunterladen
Erfassung_von_pflegebeduerftigen_Streuob
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Näheres zum Streuobstpakt finden Sie hier: Streuobstpakt Bayern