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Vielleicht hat sie schon der eine oder andere Spaziergänger gesehen, die neue schwimmende Insel auf dem Goldbergsee: Seit ende Februar 2021 ist hier mitten im See ein Nistfloß für seltene Wasservögel vertaut. Diese umzäunte, zweimalzwei Meter große Holzkonstruktion auf Schwimmpontons ist mit einer dicken Kiesschicht bedeckt, und soll die seltene Flussseeschwalbe dazu animieren, hier sesshaft zu werden und zu brüten. Der Vogel ist in Deutschland stark gefährdet, in Bayern mit derzeit nur noch zirka 350 Brutpaaren gefährdet. Im Freistaat kommt die Flussseeschwalbe fast nur in Südbayern vor, bei uns in Nordbayern gibt es bisher kaum Hinweise auf Brutversuche. Der Verwandter der Möwe braucht einen ganz besonderen Lebensraum: Um erfolgreich brüten zu können, benötigen Flussseeschwalben blanken Kiesboden, wo sie in eine Nestmulde meist zwei bis drei gut getarnten Eier legen, die von beiden Elternteilen bebrütet werden. Auf dem Speiseplan der Flussseeschwalbe stehen kleine Fische, Krebse und Insekten. Flussseeschwalben brüten in der Regel erst im dritten oder vierten Lebensjahr und können über 20 Jahre alt werden. Gerade ältere Individuen zeigen eine stark ausgeprägte Brutplatztreue. Sie kehren also jedes Jahr in ihre angestammte Kolonie zurück. Dadurch sind auch langjährige Saison-Ehen möglich, obwohl die Partner den Winter teilweise getrennt im südlichen Afrika verbringen. Leider sind geeignete Brutplätze sehr selten geworden, weil viele Flüsse begradigt worden sind, Staustufen eingebaut wurden oder Flussbereiche als Naherholungsgebiete genutzt werden, und dann zum Beispiel Hunde beim Gassigehen die seltenen Vögel aufscheuchen. Tatsächlich war das Brutvorkommen der Flussseeschwalbe in Bayern zu Anfang der 1980er Jahre fast vollkommen erloschen. Nur durch die Bereitstellung künstlicher Brutflöße und Nistinseln war es überhaupt möglich, dass mittlerweile wieder einige hundert Paare in Bayern brüten. Auch im Coburger Land bietet der LBV Coburg der gefährdeten Vogelart nun eine Nisthilfe an. Ihren natürlichen Lebensraum haben die Biologen vom LBV auf dem Nistfloß nachzuahmen versucht. „Jetzt hoffen wir, dass den Flussseeschwalben ihre neue schwimmende Wohnung so gut gefällt, dass sie sich bei uns im Landkreis ansiedeln“, sagt Frank Reißenweber, langjähriger Erster Vorsitzender des LBV Coburg. Die Anfertigung des Nistfloßes wurde durch Ausgleichsgelder des Landkreises Coburg finanziert. Die Chancen, dass die Flussseeschwalbe das neue Zuhause annimmt, stehen nicht schlecht, denn der Langstreckenzieher wurde auf dem Durchzug schon öfters am Goldbergsee gesichtet. Und ähnliche schwimmenden Inseln in Baggerseen bei Lichtenfels wurden bereits von Flussseeschwalben zur Brut angenommen.
Der LBV Coburg bereitete die Artenhilfsmaßnahme lange vor und war dabei mit mehreren Hindernissen konfrontiert. Nachdem nach diversen Überlegungen schließlich die Baukonstruktion feststand, war die Verankerung auf dem Seeboden ein Problem: „Das Nistfloß muss schließlich den steigenden und sinkenden Wasserpegel ausgleichen und quasi auf dem See tanzen können“, erklärt Gerhard Hübner, hauptamtlicher Biologe vom LBV Coburg. Gerd Schörner von dem zuständigen Wasserwirtschaftsamt Kronach fand eine Lösung für das Problem. Auch bei den benötigten Genehmigungen half das Wasserwirtschaftsamt. Als das Floß dann fertig gebaut war, war es dann so schwer, dass nicht mehr sicher war, dass es – vor allem mit zusätzlicher schwerer Kiesschicht – wirklich schwimmen würde. Also wurden die kleinen Schwimmkörper unter der Holzplattform durch professionelle Schwimmpontons ersetzt. Kurz vor der Flusstaufe installierten Mitglieder des Naturschutzvereins dann noch einen Zaun um das Floß. Dieser soll verhindern, dass Enten und Gänsen das Nistfloß für sich erobern und die Flussseeschwalbe beim Brüten stören.
Jetzt konnte das Nistfloß zu Wasser gelassen werden. Auch hier half das Wasserwirtschaftsamt: Nachdem die durch den Kälteeinbruch Anfang Februar entstandene Eisschicht auf dem See zurückgegangen ist, bot die Außenstelle des Wasserwirtschaftsamtes Froschgrundsee Hilfe an. Unter Leitung von Mario Müller wurde das fertig gestellte Nistfloß verladen, zum Goldbergsee gebracht und mit dem Boot zur Verankerungsstelle im Biotopsee des Naturschutzgebietes manövriert. Für die sichere Verankerung dort sorgte ebenfalls das Wasserwirtschaftsamt. „Wir bedanken uns ganz herzlich für diese kostenfreie Unterstützung. Genauso wie wir unseren fleißigen Mitgliedern bedanken, die in vielen ehrenamtlichen Stunden das Projekt erst ermöglicht haben“, sagt Frank Reißenweber. „Damit haben wir jetzt im Coburger Land unser erstes Nistfloß.“
Solche schwimmenden Nistplätze können einen guten Bruterfolg garantieren. Anders als auf natürlichen Kies- und Schotterbänken von Flüssen ist hier ein Gelegeverlust durch sommerliche Hochwasserereignisse ausgeschlossen, weil das Nistfloß den schwankenden Wasserpegel mitmacht. Und sie sind unerreichbar für am Boden suchende Nesträuber wie Fuchs, Marder oder Wildschwein. Vor Beutegreifern aus der Luft schützen mehrere umgestülpte Blumentöpfe, in die sich die Pulli – so werden die Küken im Fachjargon genannt – bei Gefahr zurückziehen können. „Das Nistfloß ist eine Bereicherung für alle interessierten Vogelbeobachter, und es ist vom Aussichtsturm am Goldbergsee aus gut zu sehen“, sagt Frank Reißenweber.
3/2021