Interview mit Ulrich Leicht

Ulrich Leicht beringt einen Mäusebussard
Ulrich Leicht beringt einen Mäusebussard

Das Interview führte Annette Beuerlein 2011

 

Seit 1969 kümmert sich der Rödentaler Ulrich Leicht um die  Greifvogel-Auffang- und Pflegestation in Neuhof. Dazu gehört ein großes Engagement für die Vögel. Tag und Nacht werden verletze oder aufgefundene Vögel zu ihm gebracht. Das Einzugsgebiet erstreckt sich über Ober-, Mittel- und Unterfranken, sowie Südthüringen. Das Interview führte Annette Beuerlein.

 

Was ist die Faszination an der Arbeit mit den Vögeln?

 

„Ich liebe die Greifvögel und zuerst war ich auch Falkner, habe dann Uhus-, Turm- und Baumfalken gezüchtet. Aber inzwischen ist es mir am wichtigsten, wenn ich einen gesundgepflegten Vogel wieder in die Freiheit entlassen kann.“

 

Seit Anfang des Jahres hatte Ulrich Leicht 24 Vögel in seiner Obhut. Um welche Arten handelt es sich dabei?

 

„Am häufigsten bekomme ich Turmfalken gebracht. Bisher waren es neun Stück. Mäusebussarde sind mit sechs Vögeln vertreten, Sperber mit drei. Dann hatte ich noch je einen Baumfalken, einen Waldkauz, eine Rabenkrähe, einen Sakerfalken und eine Wiesenweihe.Im ganzen Jahr sind es so rund 80 Stück, die ich hier habe.“

 

Was passiert, wenn ein verletzter Vogel gefunden wird?

 

„Die meisten Vögel fallen dem Verkehr zum Opfer. Sie fliegen in Autos oder stecken einem Lastwagen im Kühlergrill. Im Winter sind es schwache Tiere, die draußen nicht genug Futter finden. Aber die sich erst einmal vom Menschen anfassen lassen, ist es meistens schon zu spät. Also, meistens führt der erste Weg zum Tierarzt. Hier wird festgestellt, ob der Vogel nur Prellungen oder auch Brüche hat. Manche Tiere sind so schwer verletzt, dass sie nicht mehr gerettet werden können. In den Volieren in Neuhof werden die Greifvögel so lange gefüttert und aufgepäppelt, bis sie draußen wieder selbst zurecht kommen. Die Volieren sind darum auch geschlossen, damit gar nicht erst eine Bindung an den Menschen entsteht. Nach und nach ziehen die Vögel in immer größere Volieren, damit sie das Fliegen wieder trainieren können. Und am Schluss dürfen sie in der großen Freiflugvoliere für das Leben draußen üben. Ich versuche diese Zeit so kurz wie möglich zu halten, denn der Vogel selbst will ja nichts anderes als wieder raus in die Freiheit. Etwas anderes ist es,wenn Federn ausgerissen oder abgebrochen sind. Da muss man allerdings bis zur nächsten Mauser im Frühjahr warten, denn ohne intaktes Gefieder hat der Vogel keine Chance.“

 

Was ist der Lohn für all diese ehrenamtliche Arbeit, das tägliche Füttern, die Fahrten zum Tierarzt und das ausmisten der Volieren?

 

„Das Schönste für mich ist, wenn ich einen gesunden Vogel wieder in die Freiheit entlassen kann. Wenn möglich geschieht das am Auffindeort und ich rufe auch immer den Finder an, damit der dabei sein kann. Da kommt oft die ganze Familie mit und wir können uns alle darüber freuen.“

 

Und was sind die Schattenseiten an der Arbeit mit den verletzten Vögeln?

 

„Im letzten Jahr hatte ich eine Wiesenweihe. Die hatte sich auf dem Durchzug einen Flügel verletzt. So einen Vogel sieht man hier alle zehn Jahre einmal. Die Verletzung war aber so schwer, dass ihr nicht mehr zu helfen war.

 

Aber es gibt doch sicher auch Sachen, über die man schmunzeln kann, oder?

„Erst vor einigen Tagen hat sich ein junger, unerfahrener Turmfalke das offene Führerhaus eine abgestellten Lastwagens als Rastplatz ausgesucht.Weder der Brummifahrer aus Nürnberg noch die herbeigerufene Polizei trauten sich, den Vogel einzufangen. Da bin ich halt mit meine Decke gekommen und hab´den ganz verschüchterten Falken eingewickelt. Jetzt erholt er sich bei mir vom dem Schreck und hat nur noch Hunger, Hunger, Hunger. In ein paar Tagen kommt er zu vier Wochen älteren Falken, damit er lernt, sich durchzusetzen. Dem fehlt ja soweit nichts und ich kann ihn bald wieder fliegen lassen.“ 

 

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